Was am 12. September entspannt und harmlos begann, entpuppte sich als unerwartete Herausforderung. Eine sehr steile Radtour von Bühl zur Benz Mühle und zurück nach Achern.
„Vor den Genuss hat der liebe Gott etwas Schweiß gesetzt – aber alles ist machbar und wir Oldies sind einfach zu allem fähig.“
Mit diesen motivierenden, aber verniedlichenden Worten hat uns, Ulrich und mir, der gute Anton die von ihm geplante Radtour schmackhaft gemacht! Wie sich allerdings später herausstellte, sind die Alpenetappen bei der Tour de France ein Kinderspiel gegenüber dem, was uns heute an Steigungen erwartete. 😉
Das Profil unserer Tour. Was ich von Ulrich lernte war, dass Komoot (Fahrradnavi) besonders schwere Steigungen mit einem rötlichen „Alarmzeichen“ im Profil versieht. Davon gab es reichlich, wie wir hinterher im Profil sehen konnten.
Mit meinen ca. 11 km Anfahrt trafen wir uns noch ahnungslos und pünktlich, wie von Anton vorgegeben, um 11:50 Uhr auf Bahnsteig 9 im Karlsruher Bahnhof, wo unser Zug um 12:07 Uhr nach Bühl abfuhr.
Nach etwas mehr als einer halben Stunde Zugfahrt in Bühl angekommen, machten wir uns bei strahlendem Sonnenschein und 30° Celsius, unter Führung unseres Tourguides Anton, auf zu unserer Radtour. Die Hitze versprach einen herausfordernden Tag, aber das strahlende Sonnenlicht versetzte die Natur in ein zauberhaftes Licht.
Die Radtour führte uns von Bühl aus zuerst durch Ottersweier, einem malerischen Dorf mit gepflegten Fachwerkhäusern und blühenden Gärten. Hier begannen die ersten leichten Anstiege, die unsere Beine langsam auf Betriebstemperatur brachten. Da war die Welt noch in Ordnung. 😉
Von Ottersweier aus ging es weiter nach Sasbachwalden, einer charmanten Gemeinde, die für ihre Weinberge und Fachwerkhäuser bekannt ist. Dabei kamen wir an Schloss Lindenhaus vorbei, wo wir eine kleine Pause einlegten und uns an ein paar frisch gepflückten Pflaumen labten. Schloss Lindenhaus wurde im 19. Jahrhundert von Ludwig von Harder im englischen, neugotischen Stil errichtet. Das Schloss war das letzte Landgut der Familie von Harder, die nach Argentinien auswanderte. Heute ist das Schloss in Privatbesitz und beherbergt die Wohnungen der Besitzerfamilie.
Die Strecke, die sich Anton ausgedacht hatte, wurde nun etwas anspruchsvoller, mit Anstiegen von bis zu 10 Prozent, die unsere Kondition schon stark herausforderten. Die Aussicht auf die sich windenden Weinberge und das Panorama des Schwarzwalds im Hintergrund belohnte jedoch noch jeden Tritt in die Pedale.
Es ging weiter heftig bergaufwärts zum Bildstock Alde Gott, wo wir uns ebenfalls eine kleine Pause gönnten und dabei den Blick ins Rheintal genossen. Dabei zupften wir etwas an den reifen Trauben unmittelbar vom Rebstock vor uns.
Die Legende vom Alde Gott
Nach dem dreißigjährigen Krieg war die ganze Gegend so entvölkert, daß man stundenweit keinen Menschen mehr fand Auf der Suche nach weiteren Überlebenden kam ein junger Mann eines Tages an diesen Ort und traf hier eine junge Frau, bei deren Anblick er dankbar ausrief: „Der Alde Gott lebt noch!“ Sie kamen überein zu heiraten, zogen hinab ins Tal und pflanzten dort Reben an. Auf diesem Platz, wo sie zum ersten Mal zusammentrafen, wurde später ein Bildstockohen errichtet mit der Inschrift: „Der Alde Gott lebt noch !“
Als nächstes erreichten wir Kappelrodeck, wo die Landschaft noch beeindruckender wurde. Hier warteten allerdings die steilsten Anstiege der Tour auf uns, mit Steigungen von bis zu 15 Prozent. Es war mehr als eine echte Herausforderung, den Berg hinaufzufahren. Der Blick auf die bewaldeten Hügel, die frische Waldluft sowie der grandiose Ausblick über das Rheintal und die Vogesen, machten die Mühe wieder etwas wett.
Nach den steilen Anstiegen erreichte wir schließlich Furschenbach, ein kleines Dorf, das von saftig grünen Wiesen, dichten Wäldern und Weinbergen umgeben ist. Weiter ging es von dort mit einem erneut sehr steilen Anstieg hoch zur Benz Mühle. Dabei kam ich an meine Grenzen und musste, wie Anton auch, teilweise mein Rad schieben. Ulrich, mit seinem modernen Rad und genialer Übersetzung, schaffte es, soweit ich es von weit hinten beobachten konnte, ohne zu schieben.
Dieser Teil der Tour war ganz besonders anstrengend und herausfordernd, da die Straße nicht nur sehr steil, sondern auch kurvenreich war. Aber die Aussicht von oben war atemberaubend, und die Benz Mühle bot eine gemütliche Atmosphäre, um endlich eine verdiente Pause einzulegen und die idyllische Umgebung zu genießen.
Die Benz Mühle ist eine historische Wassermühle, die im Jahr 1860 erbaut wurde. Sie liegt direkt am Mühlenrundweg. Die Mühle ist noch funktionsfähig und kann auf Voranmeldung besichtigt werden. Zwischen der Wassermühle und dem ca. 450 Jahre alten denkmalgeschützten Bauernhof gibt es einen Kinderspielplatz, ein großes Tiergehege und ein Biotop.
Durstig lechzen wir nach etwas zu trinken und hatten auch jeder zwei 0,5 lt. saure Radler. Unseren Hunger stillten wir jeweils mit einer geräucherten Forelle mit Salat. Auch ein Schmalzbrot musste noch sein. Für die sehr steilen Anstiege belohnte ich mich mit Schwarzwälder Kirschtorte und einem Cappuccino.
Es war schön in der Benz Mühle zu sitzen und sich von den Strapazen zu erholen. Aber wir mussten auf die Uhr sehen, wann wir von wo mit welchem Zug wieder nach Karlsruhe kommen. So entschieden wir uns nach Achern hinunterzufahren. Die Abfahrt hinunter nach Achern war ein erfrischender Kontrast zu den vorherigen vielen Anstiegen und der Fahrtwind sorgte für angenehme Abkühlung. Wir erreichten Achern rechtzeitig und stiegen um 17:49 Uhr in unseren Zug nach Karlsruhe.
Auf den ca. 30 Minuten Bahnfahrt ließen wir unsere Radtour noch einmal Revue passieren. Anton hatte mit dieser Tour Ulrich und mich bis weit über unsere Leistungsgrenzen hinaus getrieben. Wir waren uns sehr darüber einig, dass künftig von Anton geplante Touren nur noch durch flaches Gelände, mit allenfalls leichten Steigungen, führen werden! 😉
Im Bahnhof Karlsruhe angekommen, verabschiedeten wir uns von Ulrich, der gleich weiter mit der S-Bahn das Albtal hoch nachhause fuhr. Anton und ich verabschiedeten uns vor dem Bahnhof. Für Anton waren es noch ca. 5 km, für mich noch ca. 11 km durch Karlsruhe und den Hardtwald bis nachhause.
Ausschnitt aus dem Tourprofil mit den Steigungen:
Unsere Route von Bühl zur Benz Mühle und nach Achern.